Auf Cthulhus Spur

Gepflegtes Rollenspiel rund um den kriechenden Wahnsinn

Heading to my Daughter

February 04 1921 Friday 7:30pm Aero-Gare Le Bourget  Paris

Keith & Ross McPherson erklären sich sofort und gerne bereit mich immediately nach Lyon zu fliegen. Ich nehme ihr Angebot dankend an. Ragnar und Sanjuro sind auch mit an Bord…

Die beiden Brüder erkennen meine Eile und geben sich mit wenigen Worten des tiefen Dankes zufrieden. Aus dem Hangar in Lyon läßt Mycroft den Wagen brüllen, und wir rasen über die Reichsstraße Lyon-Genf ins Colombier… … .. .. . … ..

Auf der halben Strecke bringt die vereiste Landstraße den Wagen ins Schlingern und wir enden mit Achsbruch am Straßenrand. Ohne Worte und Zögern setzen wir unseren Weg zu Fuß fort…

Ragnar entdeckt am Straßenrand eine wie ein Holzkreuz ohne Querstrebe im gefrorenen Boden steckende Holzlatte mit der Aufschrift: “Wir sind in 50km Höhe”. Dies ist Mary-Anns Handschrift…

Ich eile voran, als ein Lkw der Post sich nähert. Ich stoppe ihn: Er kann jedoch nur einen von uns mitnehmen. Ich steige ein und überlasse meine verständigen Freunde der Nacht…

Der schnauzbärtige Fahrer schaut mich immer wieder intensiv von der Seite an…

Er verlangsamt seine Fahrt und zieht sich dann seinen falschen Schnauzer von der Oberlippe: “Erkennen Sie mich?” Viel zu langsam setze ich die Konturen des glatt rasierten Gesichtes zusammen: Inspecteur Lumiere…!!! “Sie kennen mich doch!” behauptet das siegessichere Gesicht.

Innerlich klappt mir die Kinnlade herunter, but professionally I regain contenance fast:

“Inspector Lumyr! Sie fahren jetzt für die Post? Was haben Sie angestellt??”

Schnell erklärt er mir, dies sei nur eine Tarnung und er wolle wissen, was ich hier zu suchen habe. Ich erkläre ihm gelassen und ehrlich meinen Notstand. Meine Tochter ist unter den Entführten und ich müsse nun schnell zum Chateau Mirastel zurückkehren, da Überlebende aufgetaucht sind…

Er setzt mich freundlicherweise am Schloss ab und stellt einen weiteren Besuch seinerseits in Aussicht. Soll er doch! Wenn er die Speerspitze der französischen Bemühung zur Aufklärung der Geschehnisse rund ums Colombier darstellt, dann aber mich persönlich beschattet, weiß ich – ein herablassendes Lächeln unterdrückend – wo Frankreich steht…

10:30pm Chateau Mirastel

Das Chateau ist hell erleuchtet, viele unbekannte Personen sind auf dem Gelände. Dr. Monbardeau hat das Schloss als erste Anlaufstelle zur Versorgung der Geborgenen freigegeben. Mein Respekt vor dem kleinen Mann wächst und ich denke an Lady Almina und ihr großes Herz…

Ich renne ins Haus: “Wo ist meine Tochter!!!” erschallt es durchdringend in der Eingangshalle.

Sofort werde ich in das Zimmer des verstorbenen Monsieur Arquedouvre geführt. Leise schließe ich die Zimmertür…

Blass, kaum atmend, sehe ich meine Tochter lebend vor mir schlafend im Bett liegend. Ich sinke, mühsam mein Schluchzen unterdückend, auf die Knie. Die Freude, sie wiederzusehen, mischt sich mit dem Schmerz, sie mit strohigem Haar, nicht ansprechbar, ausgedörrt, zu Tode erschöpft, ausgestreckt, wie ein zur Strecke gebrachtes, gejagtes Tier, kurz vor dem Exitus, sehen zu müssen.

Ich ergreife vorsichtig zärtlich ihre leblose Hand, die unter Decke zögerlich hervor tritt. Sie ist warm, so warm, wie ich sie zum ersten Mal berührte, auf dem Wochenbett meiner Frau…

Ich möchte nicht darüber berichten, welche Sturzflut an Emotionen über mich hereinbricht in diesem Moment, doch als ich ihr schwach gehauchtes “Vater?” höre, fast unhörbar über ihre Lippen fließend, geht eine Sonne auf, die kein Älterer wird je sehen können.

Es dauert einen Herzschlag lang, bevor ich antworten kann: “. … Jaa. .. …” Ich spüre ihre kleine Hand in der meinen, fast unmerklich drückt sie die meine.

Lautlos breche ich vor Glück und Erleichterung in mich zusammen, diesen Moment haltend in der Ewigkeit….

..

….

Bis es an der Tür leise klopft…

Mycroft erkundet sich nach Lady Evelin. Wenige Worte findend…”Brauchen Ruhe…”…schließe ich wieder die Tür.

Schlaflos wache über den Schlaf meiner Tochter in der Nacht. Mein schweres Seufzen wird leichter, von Atemzug zu Atemzug. Ich streichle ihr über die Stirn, immer wieder, so sanft wie es mir nur möglich ist….

Langsam glaube ich, wieder zu einem Menschen zu werden, der eine Vergangenheit und Zukunft im Blick haben darf, der nicht nur gefangen in dem unerträglichen Zustand der ewigen Gegenwart ist, als ich ein “Psst…” höre:

“Von mehreren möglichen Erklärungen des gleichen Sachverhalts ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen. Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Varianten und Hypothesen enthält, die in klaren, logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt logisch folgt”

Mir ist bewusst, dass das Haus zu mir spricht, die Stimme des sanftmütigen Edelmannes, der das Chateau erbaute. Er erinnert mich an Ockhams Rasiermesser, eine intellektuelle Anstrengung, die ein heuristisches Forschungsprinzip aus der mathematisch abgeleiteten Disziplin der Scholastik beschreibt.

Unfähig es just in time zu verarbeiten, registriere ich dennoch, dass es sich um einen wohlwollenden Hinweis handelt…

Auch wenn die Gefühle dich übermannen, schalte nicht deinen Verstand aus…

Okay…Benutze deinen Verstand, alter Mann, du dummer Vater…

—Ich kann meiner Tochter aufgrund meines Wissens und der meiner über Jahre erworbenen Kenntnisse helfen. Mein Pendel ist stark…

Ich hole es in meine Hand und lasse es über den Brustkorb meiner Tochter pendeln, um ihre physische Constitution zu stärken…

Doch die Ausrichtung stimmt nicht, kommt nicht überein mit meiner Absicht…

Es will einfach nicht ruhig über ihrem Atem pendeln…

Es zieht weg…immer wieder in eine bestimmte Richtung…ich komme nicht weiter…

Mir fallen die Augen zu…