Auf Cthulhus Spur

Gepflegtes Rollenspiel rund um den kriechenden Wahnsinn

通俗 (Tsūzoku) – Popularität

Wo bin ich da nur wieder hinein geraten…

Major Ernest Shackleton ist ein ehrgeiziger Mann. Es ist noch nicht einmal eine Woche her, als er beim Lord auf eine Empfehlung von Howard Carter hin vorstellig geworden war. Er wollte uns als Teilnehmer für eine Rettungs- beziehungsweise Aufklärungsmission bezüglich der Umstände einer missglückten Polarexpedition in der Vergangenheit gewinnen. Vor sieben Jahren war Shackleton mit zwei Schiffen, der Endurance und der Aurora, bereits schon einmal zu einem Versuch, die Antarktis zu erreichen und zu durchqueren, aufgebrochen. Keines der Schiffe erreichte sein Ziel.

Heute hat Shackleton spontan eine Pressekonferenz einberufen. Anlass dafür war eine Zeitungsmeldung über Arcadia Lloyds, Tochter des kürzlich verschiedenen Finanziers und Versicherungsunternehmers Percival Lloyds, die selbst auch eine Expedition zum Südpol zu unternehmen plant und zu diesem Anlass heute nachmittag die Presse eingeladen hat. Shackelton gefällt diese Konkurrenz überhaupt nicht und er ergriff direkt Maßnahmen, um sich gegen Arcadia Lloyds in der Öffentlichkeit zu profilieren. Und so kam es, dass ich mich jetzt auf einer improvisierten Bühne in den Royal Dockyards wiederfinde. Vor drei Tagen habe ich mich überreden lassen, das Kommando über die Quest zu übernommen und als ihr Kapitän kann ich mich diesem Pressetermin kaum entziehen. Wohl ist mir bei der Sache nicht. Mein Vorgänger, Captain Frank Worsley, wurde Opfer eines Mordes und mich hat gestern eine ziemlich direkte Drohnachricht erreicht. Ein Schiff in die Antarkis führen, unbekanntes Terrain erkunden, möglicherweise eine Reise ohne Wiederkehr in die Berge des Wahnsinns – das ist es nicht, was mich sorgt. Mir missfällt dieser Medienrummel, den Shackleton veranstaltet und die Aufmerksamkeit, die damit auch auf mich fällt. Ich glaube, dass es ihm bei dieser Expedition weniger um das ungeklärte Schicksal seiner Männer als vielmehr um die Bestätigung seines enormen Egos geht.

Shackleton eröffnet die Pressekonferenz mit hebt in hochtrabenden Worten die Wichtigkeit seiner Mission für das Empire, für den Fortschritt und für die Menschheit hervor. Ich trage meine Marine-Uniform, die Kapitänsmütze tief ins Gesicht gezogen, die Schneebrille vor den Augen, damit möglichst wenig von meinem Gesicht zu erkennen ist. Ich lasse meinen Blick über die Anwesenden schweifen, halte Ausschau nach Mycroft, der sich unter die Leute gemischt hat, um die Augen offen und mir den Rücken frei zu halten. Ich kann ihn nicht entdecken, aber ich weiß, dass er da ist und mein Leben beschützen wird, wenn es bedroht würde, so wie es damals, vor 330 Jahren Fürst Fūma Kotarō schon getan hatte… und da ist es wieder, diese Sehnsucht, dieses Heimweh…

… doch es bleibt keine Zeit in Erinnerungen zu schwelgen. „… möchte ich Ihnen den Kapitän der Quest vorstellen, Captain Sanjūrō Okumura.“

Ich betrete die provisorisch aus Bretten gezimmerte Bühne.
„Vielen Dank, Major“, übernehme ich das Wort, „es ist mir eine große Ehre, die Quest in dieses Abenteuer zu führen, denn es sollte der Menschheit nicht nur ein heres Ziel sein, Unbekanntes zu entdecken und Wunder hervorzubringen, sondern auch das Andenken derer zu ehren, die es vor uns nicht geschafft haben.“ Meine Worte ernten begeisterten Applaus, aber ich glaube kaum jemand von denen, die hier in die Hände klatschen, ahnt auch nur im Ansatz, wie ernst mir diese Worte wirklich sind.