Auf Cthulhus Spur

Gepflegtes Rollenspiel rund um den kriechenden Wahnsinn

衷心から (Chūshin kara) – Aus Herzensgrund

Überaus gut gelaunt erscheine ich gegen 9:30 zum Frühstück. Mycroft, der Lord und Henry kehren gerade von ihrer morgendlichen Tour mit den Hunden zurück.
“Mr. Okumura, Sie wirken heute morgen ja so frisch?”, wundert sich Henry.
“Ich habe sehr gut geschlafen, wie es scheint”, antworte ich, “und geträumt. Haben Mycroft oder Carla schon etwas erzählt?”
“Wir wollten dir nicht die Show stehlen und warten, bis du aufwachst”, grinst Mycroft, während er Tamino das Trainingsgeschirr abnimmt.
Ich erzähle nun also von unserer Reise nach Canas. Henry und der Lord hören aufmerksam zu. Wie es scheint, haben die beiden auch sehr intensiv geträumt in der letzten Nacht. Sie haben unseren Weg beobachtet, nicht in der Vollständigkeit und Intensität, wie wir es erlebt haben, aber Fragmente und Bruchstücke meiner Erzählung erkennen sie wieder.
“Und wir haben rausgefunden, wie das mit den Münzen funktioniert. Man muss sie zunächst persönlich an sich binden.”
“Und wie geht das?”, fragt Henry.
“Das ist persönlichkeitsabhängig”, erkläre ich, ”es muss dir eine Herzensangelegenheit sein. Bei mir war es Meditation, bei Carla der Gesang.” Ich werfe einen kurzen Blick zu Mycroft. Ich kann nur vermuten, was seine Herzensangelegenheit ist, aber auch er hat die Münze an sich gebunden. Ich habe es an seinem veränderten Geruch erkannt.

Der Lord lässt sein Pendel über die Münze schwingen. Konzentriert und in sich versunken fixiert er Pendel und Münze mit seinem Blick. Dann registriere ich, wie plötzlich jegliche Spannung aus seinem Leib weicht. Langsam lässt er sein Pendel ausschwingen und lehnt sich zufrieden lächelnd zurück. Es ist ihm offenbar gelungen, die Bindung zu vollziehen.

Henry versucht den ganzen Vormittag vergebens, einen Weg zu finden, der ihn an die Münze bindet, doch er geht zu sehr mit dem Verstand an die Sache heran.
“Du musst es fühlen. Du musst es wollen wollen”, versuche ich ihm die Sache mit der Herzensangelegenheit näher zu bringen.
Henry zieht überlegend die Stirn in Falten. Dann erhellt sich sein Gesichtsausdruck und kurz darauf setzt auch bei ihm eine gewisse Tiefenentspannung ein. Sein veränderter Geruch verrät mir, dass er nun auch die Münze an sich gebunden hat.

Am Nachmittag fahren wir noch einmal nach Coutance, um ein paar unerledigte Dinge nachzuholen. Henry stößt – mal wieder – auf interessante Literatur. Er hat ein Foto von der Schnitzerei des Wesens auf der Innentür zum Labyrinth gemachte und entwickeln lassen. Einer der Buchhändler, die wir schon gestern aufgesucht hatten, kann uns sagen, was das der Legende nach für ein Wesen ist. Er nennt es Buer, eine Art Geist, auch bekannt als ein Vorsteher der Hölle mit 50 Legionen von Dämonen, der  Schutz und Heilung gewährt. 

Zur Teatime berichtet uns Mare, dass ihr etwas komisches passiert sei. Sie habe ihre alten Tagebuchaufzeichnungen gelesen, erzählt sie, doch es war, als hätte eine andere Person das Geschehene erlebt und nicht sie selbst. 

Mycroft, Henry und der Lord begeben sich zur Abendentleerung mit ihren Hunden nach draußen. Carla trainiert ihre Gesangsstimme am offenen Fenster und ich trainiere im Takt der Melodie meine Kampfkunst. Zum Abendessen gibt es eine Fischsuppe. In der Nacht schlafe ich, ohne zu träumen.