Auf Cthulhus Spur

Gepflegtes Rollenspiel rund um den kriechenden Wahnsinn

二つの新魔 (Futatsu no shinban) – Zweite Unterweisung

Beim Frühstück berichtet Mare von einem Traum, in dem sie erfahren hat, wie man die Münzen anwendet. Wenn man sie beim Einschlafen mit der leichten Seite nach unten auf die Zunge legt, bringt sie den Benutzer ins Traumland. Zur Rückkehr in die Wachwelt legt man die Münze mit schweren Seite nach unten auf seine Hand. Das klingt nach etwas, das wir ausprobieren sollten.

Bei der Sichtung der Funde aus dem verborgenen Labor stoßen wir heute auf Hinweise zu diversen Großen Alten. Grübelnd ziehe ich die Stirn in Falten. Wer auch immer diese Sammlung geschaffen hat, setzte sich sehr für die Suche nach einem Heilmittel gegen die Pest ein und stieß dabei wohl auch auf okkulte Praktiken und Dinge und Wesen, die in Verbindung mit dem Mythos stehen.

Wir resümieren die Ergebnisse unserer gestrigen Expedition. Wir sprechen über das Höhlensystem und die Ulms. Mycroft wird plötzlich etwas blass.
“Ist alles in Ordnung?”, frage ich besorgt.
Mycroft wirkt verwirrt und antwortet mir in Rätseln. Er scheint sich an irgendetwas zu erinnern, das er jetzt erstmal einordnen muss. Dr. Gaultier faselt etwas von “Kontrollverlust”.

Den Vormittag verbringe ich mit Mycroft beim Schwerttrainung. Nachdem er – mehr durch Glück als durch Geschick, die erste Runde für sich entscheiden kann, fordere ich eine Revanche.

“Du bist ein schlechter Verlierer”, spottet er. Dem widerspreche ich nicht. Er hat recht, doch ich bin zufrieden, als ich die zweite Runde deutlich für mich entscheide.

Nach dem Mittagessen biete ich dem Lord Unterweisung in der Schwertkunst an. Er nimmt mein Angebot gerne an. Mare entscheidet spontan, sich uns anzuschließen. Interessanterweise fand die letzte Trainingseinheit, die ich dem Lord habe zukommen lassen, auch in Frankreich statt. Irgendwie scheint mich das Land zu inspirieren. Ich merke gleich, dass wir regelmäßiger trainieren sollten. Die Hälfte der Dinge, die ich ihm vor zwei Monaten beigebracht habe, hat er wieder vergessen. Eine regelmäßige Wiederholung des Erlernten dürfte die Verinnerlichung schneller festigen. Mare hingegen legt durchaus eine gewisse Sicherheit und Routine im Umgang mit dem Schwert an den Tag.

Der Lord ist sehr verspannt. Sein Schwert zappelt unkontrolliert in seinen Händen.
“Mach dich locker”, ermahne ich ihn, “sonst kannst du dich morgen auf einen heftigen Muskelkater gefasst machen.”
Er sieht mich etwas verzweifelt an. Ich helfe ihm, seine Stellung zu korrigieren, dann probieren wir es weiter. Es geht nun etwas besser, aber ich muss ihn immer wieder auf die Basics hinweisen.
“Konzentriere dich auf deine Atmung. Schultern runter. Aufrecht stehen. Zentrum. Nein, schau nicht auf das Schwert. Sieh mich an. Ich bin dein Feind.”
Es gibt noch eine Menge zu tun.
Ich zeige dem Lord ein paar grundlegende Methoden zu Zentrumsarbeit zur täglichen Übung und lege ihm nahe, eine gewisse Regelmäßigkeit des Übens zu etablieren – nicht nur unter meiner Anleitung.

Nach zwei Stunden Training lässt die Konzentration des Lords so sehr nach, als dass eine Fortsetzung des Trainings noch etwas bringen könnte. Ich habe ihn ziemlich gefordert und er hat tapfer sein Bestes gegeben. Das sage ich ihm auch so, bevor er sich erschöpft zurückzieht. Mare hat noch Energie, die sie loswerden möchte. Leidenschaftlich und stürmisch schwingt sie ihr Kopesh. Ich beobachte sie und studiere ihre Techniken zunächst, während ich mich mehr auf meine Deckung konzentriere. Nach einer Weile wird sie übermütig und bietet mir geradezu parademäßig eine ungedeckte Seite an. Bevor ihr diese Nachlässigkeit selbst auffällt, nutze ich meine Chance im selbst in den Angriff zu gehen. Ich bringe mein Schwert an ihrer ungeschützten Taille zum Halten. Hielte ich ein scharfes Schwert in meinen Händen und hätte den Schlag durchgezogen, würde sich jetzt ihr Oberkörper von ihren Beinen lösen. Es wäre schade drum. Mare hält erschrocken in ihrer Bewegung inne, als ihr bewusst wird, in welche Situation sie sich gebracht hat.
“Das setzen wir morgen nochmal fort”, bestimmt sie.
“Gerne doch”, erwidere ich erfreut, während ich mein Bokken an meine Seite in eine imaginäre Saya gleiten lasse. Ich verbeuge mich und bedanke mich für den Kampf.
“Dōmo arigatō gosaimashita.”

Nach diesem ausgiebigen Training benötige ich nun eine mindestens ebenso ausgiebige Dusche. Ich ziehe mich ins Gästehaus zurück, um meine durchschwitzten Kleider zu wechseln und mich der Körperpflege hinzugeben. Pünktlich zu Kaffee und Gebäck kehre ich zu den anderen zurück. Mycroft schlägt vor, eine Partie Schach zu spielen, mir steht der Sinn eher nach Go. Wir entscheiden uns schließlich für Go-Schach, können uns aber bis zum Abendessen nicht einmal annähernd auf die Regeln des soeben von uns neu erfundenen Spiels einigen.

In Erwartung kommender Träume lege ich mich am späteren Abend, die Münze mit der leichten Seite nach oben auf meiner Zunge liegend, in mein Bett.